«Diese Umfrage zur Naturheilkunde ist schon sehr deutlich»

Ebikon, 26. Mai 2022 – Wie wertschätzen SchweizerInnen die Komplementär- und Alternativmedizin? Hier sind die wichtigsten Erkenntnisse, basierend auf einer  repräsentativen Umfrage des EMR. Plus eine Frage an den Projektleiter der Umfrage.

Foto von der Heilpraktikerschule Luzern an einem Sommermorgen, Foto von Christoph Schumacher

Das eigens erstellte Schulgebäude, hier am frühen Morgen. Ja, Naturheilkunde hat Potential: für die Gesundheit und als Beruf. — Foto: Christoph Schumacher

Wer sich überlegt, TherapeutIn zu werden, fragt sich: Wie anerkannt sind diese alternativmedizinischen und komplementärtherapeutischen Berufe in der Bevölkerung? Anders gefragt: Wie gut ist die Nachfrage? Und wo und wie mache ich mögliche PatientInnen und KlientInnen auf mein Angebot aufmerksam?

Hier kommen die Antworten: Das EMR beauftragte die beiden Firmen Polyquest und Büro Vatter mit einer Umfrage zur Akzeptanz von Komplementärtherapie und Alternativmedizin; 6'375 Personen wurden befragt; mit dieser hohen Anzahl TeilnehmerInnen ist die Umfrage repräsentativ.

Der komplette Bericht «KAM-Barometer» ist auf der EMR-Website als pdf; eine Zusammenfassung gibt es ebenfalls dort (pdf). KAM ist die EMR-Abkürzung für Komplementär- und Alternativmedizin.

Im Folgenden nehmen wir nur Bezug auf das, was uns als das Wichtigste erscheint. Kommentiert hat es Hein Zalokar, Schulleitung. Zunächst für Eilige:

Zusammenfassend aus unserer Sicht

Die Bevölkerung der Schweiz ist der Komplementär- und Alternativmedizin sehr zugewandt, nutzt sie intensiv. Naturheilkunde ist sehr stark verankert: Sogar Personen, die keine Zusatzversicherung haben, lassen sich naturheilkundlich behandeln. Für die Auslastung einer Praxis sind Behandlungserfolge und die Pflege des Netzwerks wichtig, denn so kommt es zu Weiterempfehlungen.

Aus all dem und unseren Eindrücken leiten wir ab, dass sowohl Nachfrage wie auch Bedarf an KomplementärtherapeutInnen und AlternativmedizinerInnen steigen.

Unsere Eindrücke: Seit der Einführung der eidg. Diplome bilden sich auch Personen aus, die direkt von der Matura oder der Lehre kommen. Die Berufe der Komplementär- und Alternativmedizin sind durch die eidg. Diplome anerkannt und bieten gute Aussichten: Sinn, Selbständigkeit, Einkommen.

Die aus unserer Sicht zentralen Grafiken:

 

Wie akzeptiert ist Komplementär- und Alternativmedizin (KAM)?

Nahezu alle 6'375 Befragten finden, dass Komplementär- und Alternativmedizin sinnvoll ist:
- 63% als Ergänzung zur Schulmedizin.
- 25% als Ersatz für die Schulmedizin, wo möglich.
- 4% sehen keinen Nutzen.
- 8% wissen nicht.

Hein Zalokar: «Das überrascht mich jetzt. Mir war klar, dass sie weit herum akzeptiert ist – aber so stark, das ist schon sehr deutlich.»

Und wird Komplementär- und Alternativmedizin (KAM) auch genutzt?

Gut zwei Drittel der Bevölkerung hat Komplementär- und Alternativmedizin bereits genutzt:
- 65% der Befragten nutzen sie bereits einmal in ihrem Leben.
- 47% nutzten sie innerhalb der letzten drei Jahre mindestens einmal.
- 19% nutzten sie innerhalb der letzten drei Jahre mehrmals.

Hein Zalokar: «Denken und Handeln stimmen überein: Komplementär- und Alternativmedizin ist nicht nur sehr breit akzeptiert, sondern auch sehr stark genutzt.»

Wie viele haben eine Zusatzversicherung?

Leistungen von registrierten TherapeutInnen lassen sich zumindest zu einem Teil über Zusatzversicherungen abrechnen:
- 58% der Befragten haben eine Zusatzversicherung.
- 36% der Personen, die Komplementär- und Alternativmedizin noch nie nutzten, haben eine Zusatzversicherung.

Hein Zalokar: «Das bedeutet, dass fast 60% davon ausgehen, dass sie irgendwann komplementär- bzw. alternativmedizinische Behandlungen benötigen. Da hat sich mir die Frage gestellt, ob es Leute gibt, die auch dann die Naturheilkunde nutzen, wenn sie keine Zusatzversicherung haben.»

Dazu gab es in der Studie keine Angaben, und so haben wir einen der Projektleiter der Studie gefragt, Christian Bolliger vom Büro Vatter:

Exkurs mit Christian Bolliger, dem Büro-Vatter-Projektleiter der EMR-Studie

Wir haben eine Frage an den Projektleiter Christian Bolliger vom Büro Vatter, Bern, er antwortet sehr freundlich und errechnet uns die Antwort:

Wie viele % der Befragten haben Naturheilkunde genutzt, obwohl sie keine Zusatzversicherung haben?

Es sind 16.5% der Befragten.

Christian Bolliger kommentiert: «Das gibt Ihnen die Grössenordnung. Bitte beachten Sie, dass die hier verwendeten Werte gerundet sind und deshalb kleine Fehler möglich sind. Jeder in die Berechnung eingegangene Prozentwert kann ein halbes Prozent kleiner oder grösser sein (z.B. 18.50% bis 19.49%). Sie können die Bandbreite berechnen, indem Sie überall einmal den kleinstmöglichen und überall einmal den grössten Wert einsetzen.»

Herzlichen Dank, Herr Bolliger.

Fazit des Exkurses

Hein Zalokar: «Das finde ich schon sehr überraschend, dass so viele sich behandeln lassen, ohne eine Zusatzversicherung zu haben, 16.5%.

Und das heisst doch: Es gibt viele Leute, die ihre Einstellung geändert haben: Zunächst waren sie eher skeptisch gegenüber Komplementär- bzw. Alternativmedizin oder zumindest war sie ihnen eher egal. Dann ereignete sich etwas, das ihre Einstellung änderte, und sie wurden zu KlientInnen bzw. PatientInnen der Naturheilkunde.

Für mich zeigt das ganz klar: Die Komplementär- bzw. Alternativ-Medizin hat nicht nur eine sehr hohe Akzeptanz – diese Akzeptanz ist sogar noch im Steigen begriffen. Es besteht also Bedarf an TherapeutInnen.

Zumal die erste Pensionierungswelle anrollt: Die TherapeutInnen, die damals die Komplementär- bzw. Alternativmedizin in der Schweiz stark gemacht haben, die PionierInnen sozusagen, gehen langsam in Pension. Die eine und andere Praxis wird nach und nach geschlossen. Oder ist auf der Suche nach einer Nachfolge. Der Bedarf also an TherapeutInnen erhöht sich zusätzlich. Die eidg. Diplome führen dazu, dass es richtig anerkannte Berufe gibt. Diese Berufe der Komplementär- und Alternativmedizin passen perfekt zum Zeitgeist und zum Megatrend Gesundheit: Sie bieten nicht nur ein vernünftiges Einkommen, sondern auch Sinn und Selbstbestimmung. Und viele finden die Selbständigkeit toll, sie sind ihr eigener Chef.»

Wie entscheidet sich jemand für eine bestimmte Behandlungsmethode der Komplementär- und Alternativmedizin?

Die Befragten wählen ihre Methode aufgrund:
- 36% Empfehlungen aus dem Bekanntenkreis
- 32% früherer Erfahrungen
- 29% Empfehlungen einer ÄrztIn bzw. einer Gesundheitsfachperson
- 20% eigener Recherche: Web, Inserat, Flyer

Hein Zalokar: «Das ist super, da liegen die Antworten auf die Frage: Wo und wie erreiche mögliche PatientInnen bzw. KlientInnen für meine Praxis? Wer nämlich eine Methode sucht, fragt meistens jemanden im Bekanntenkreis. Da erhält man oft auch gleich eine ganz konkrete Praxis-Empfehlung. Es wäre also gut, wenn PatientInnen bzw. KlientInnen die eigene Praxis weiter empfehlen.

Es verblüfft mich aber, dass solche Weiterempfehlungen heute, in Zeiten der Digitalisierung mit 36% noch den Hauptanteil ausmachen. Ich hätte erwartet, dass der Anteil eigener Recherche im Web, Inserate und Flyer höher ausgefallen wäre als 20%.

TherapeutInnen, deren Behandlungen als erfolgreich wahrgenommen werden, werden durch diese Erfolge auch Weiterempfehlungen erhalten. So werden sie sich in der Regel eine gut laufende Praxis aufbauen. Unsere AbsolventInnen haben sicherlich einen sehr hohen Ausbildungsstandard, und so sehe ich für sie sehr gute Chancen; unsere Erfahrung bestätigt das ja auch.

Was mich sehr freut: Fast ein Drittel erhalten eine Empfehlung von ÄrztInnen oder anderen Gesundheitsfachpersonen. Das zeigt, dass die Zusammenarbeit von Schulmedizin und Komplementär- bzw. Alternativ-Medizin weiter zunimmt, immer enger wird. Ich gehe davon aus, dass diese Zahl in den kommenden Jahren steigen wird.»

Wie erfolgreich sind die Behandlungen?

Die Befragten haben auf einer Zehnerskala die Behandlungen bewertet:
- 31% als sehr erfolgreich (Wert 9 oder 10 auf der Zehnerskala)
- 25% als erfolgreich (Wert 8)
- 28% als genügend (Wert 6 oder 7)

Hein Zalokar: «Das ist extrem gut, denn fast alle haben positive Effekte wahrgenommen. Die Leute sind also zufrieden mit den Leistungen ihrer TherapeutInnen. Und das ist ein Hinweis, dass die KomplementärTherapeutInnen und NaturheilpraktikerInnen in der Schweiz gut ausgebildet sind.»

Unser Eindruck zur Nachfrage

Hein Zalokar: «Früher, noch vor zehn Jahren, da hatten wir vor allem Frauen in der Ausbildung. Viele davon hatten Kinder, die langsam selbständiger wurden, und die Mütter wollten nicht zurück in ihren angestammten Beruf, sondern etwas Neues machen. In Kontakt mit der Naturheilkunde sind sie über gesundheitliche Fragen zu Schwangerschaft, Mutterschaft und zu ihren Kindern gekommen, zum Beispiel über Fragen zur Ernährung.

Mittlerweile gibt es auch die einen und anderen Männer, die einen neuen Beruf suchen. Und es gibt immer mehr junge Leute, die direkt nach der Matura oder nach der Lehre eine Ausbildung bei uns starten. Wir erhalten auch regelmässig Besuch von ganzen Maturaklassen, geben ihnen eine Einführung in die Naturheilkunde. Sowieso, seit es eidg. Diplome gibt und damit höchst anerkannte Berufe, haben wir mehr jüngere Personen. Im Durchschnitt senkt sich das Alter von etwa 40 auf etwa 30 Jahre. Naturheilkunde wird als Beruf sehr interessant.

Ich glaube, wenn sich so viele Personen für eine Naturheilkunde-Ausbildung interessieren und sie auch absolvieren*, dann ist in der Gesamtbevölkerung die Bedeutung der Naturheilkunde noch viel grösser.»

* Unsere AbsolventInnen 2022

Fazit für eine erfolgreiche Praxis

1. Weiterempfehlungen durch Therapieerfolge generieren

2. Netzwerke stärken z.B. bei Ärztinnen, Hebammen und weiteren Gesundheitsfachpersonen

3. Im Internet gut auffindbar sein, und das mit einer Website, die die Weiterempfehlungen bestätigt, also ästhetisch ist und sauber rüberkommt

 

Das «KAM-Barometer»

» als kompletter Bericht auf der EMR-Website als pdf
» als Zusammenfassung auf der EMR-Website (pdf)

 

 

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https://www.heilpraktikerschule.ch/newsroom/news-detail/news/2022/05/26/diese-umfrage-zur-naturheilkunde-ist-schon-sehr-deutlich